Jede Organisation muss sich mit ihren Prozessen auseinandersetzen und sie managen. Dabei sind sie oft den Weg von einem Denken in Abteilungen, hin zum Denken in Prozessen gegangen. Das Ziel ist es, die Effizienz zu erhöhen, die Kosten zu senken oder Ressourcen einzusparen. Um dieses Ziel erfolgreich erreichen zu können, müssen Sie die vier Phasen Prozessidentifizierung, Prozessanalyse, Prozessdesign und den Prozessrollout durchlaufen. Das Ziel dieses Artikels ist es, Ihnen einen Überblick darüber zu geben, wie Sie in Ihrer Organisation Business Prozess Management umsetzen können. Dabei ist die Zielgruppe jeder, der noch vor der Einführung steht, mitten drin ist, nur in Teilen Business Prozess Management betreibt oder diejenigen, die es schon eingeführt haben. Der Einfachheit halber werden wir in diesem Artikel Business Prozess Management mit „BPM“ abkürzen. 

Starten Sie mit dem Ziel vor Augen

Bevor wir in die vier Phasen einsteigen, sollten Sie sich mit all Ihren Stakeholder über Ihre Ziele im Klaren sein. Definieren Sie, was das Ziel ihrer BPM-Initiative ist und wer davon profitieren soll. Zeigen Sie Ihren Stakeholdern transparent auf, welche Folgen das Projekt für sie hat und welchen Mehrwert sie daraus ziehen können. Wenn Sie ihr Zielbild definiert haben, können sie starten.

Prozessidentifikation: Der Beginn der Reise

Die Prozessidentifikationsphase dient dazu, die Prozesse der Fachbereiche, die im Scope sind, zu erheben und zu dokumentieren. Dazu gehört die Dokumentation der Prozessteilnehmer, der Prozessschritte, der Prozessergebnisse und der vorherigen und der folgenden Prozesse. Da die Ressourcen, die für so eine umfangreiche Analyse gebraucht werden, oft wenig Zeit haben, sollte Sie ihnen so viel Arbeit wie möglich abnehmen. Hierbei bietet es sich an, auf dem aufzubauen, was bereits erstellt wurde. Seien es fachbereichsspezifische User-Guides, Policies, bereits erstelle Prozessdokumentationen oder auch Schulungsunterlagen. Sammeln Sie diese Dokumente ein und bringen Sie diese in ein einheitliches Format, um damit in die Diskussion einzusteigen. Zu empfehlen ist eine einheitliche Darstellung der Prozesse in einer Modellierungssprache wie BPMN, EPK oder ARIS. Damit gilt es die Aktualität der Prozesse zu überprüfen, um Abweichungen festzustellen und gänzlich fehlende Prozesse neu aufzunehmen. Sie müssen dabei für sich entscheiden, in welcher Granularität Sie die Prozesse erheben möchten. Beginnen Sie, mit einer niedrigen Granularität, die Prozesse aufzunehmen, um sie dann nach Bedarf mit mehr Details anzureichern. Das Ziel der Prozessidentifikationsphase ist neben den modellierten Prozessen eine Prozesslandschaft, die die Abfolge und die Zusammenhänge zwischen den Prozessen aufzeigt.

Prozessanalyse

Nachdem Sie Ihre Prozesse identifiziert haben, können Sie mit der Analyse der Prozesse beginnen. Das Ziel der Analysephase ist die Identifizierung von Optimierungspotentialen. Dabei wird in qualitative- und die quantitative Analysemethoden unterschieden.

Bei der qualitativen Analyse wird der Prozess subjektiv auf Optimierungspotentiale untersucht. Eine mögliche Methode ist dabei die Stakeholder Analyse, die auch oft im Projektmanagement Anwendung findet. Dabei werden die Stakeholder des Prozesses nach Optimierungspotentialen befragt. Die Optimierungspotentiale werden in einer Issue-List gepflegt, priorisiert und dann in der Prozessdesignphase berücksichtigt.

Die quantitative Analyse hingegen verfolgt mehr einen analytischen Ansatz. Dabei werden beispielsweise die Prozesse mit KPI´s versehen und überwacht. Auf der Basis der gewonnenen Information können dann Rückschlüssen auf Optimierungspotentiale geschlossen werden.

Wenn Sie wissen welcher Prozess optimiert werden muss und was der vorherrschend Painpoint ist, können Sie den Prozessen Prozessverantwortliche zuweisen.

Definition von Verantwortlichkeiten

Bevor Sie die identifizierten Prozesse optimieren, sollten Sie Prozessverantwortliche definieren, die zukünftig den Erfolg und die fortlaufende Optimierung des Prozesses verantworten. Die Definition von Verantwortlichkeiten ist bewusst nach der Analyse der Prozesse, da ein Painpoint auch der Prozessverantwortliche sein kann, der beispielsweise nicht bereit ist, seinen Prozess anzupassen. Generell wird bei den Verantwortlichkeiten in Prozess-Owner und Prozess-Manager unterschieden.

Der Prozess-Owner ist die Person in Ihrem Unternehmen, die für seinen Bereich die Prozesse verantwortet. Er stellt sicher, dass die Prozesse auf die Unternehmensziele ausgerichtet sind, sie den vorherrschenden Policies entsprechen, sie von der IT-Landschaft optimal unterstützt werden und validiert, ob der Prozess seinen Zweck erfüllt oder er angepasst werden muss.

Process-Manager hingegen sind operativ ausgerichtet und verantworten einzelne Prozesse. Er verantwortet, dass der Prozess ohne Probleme und entsprechend der Definition ausgeführt wird. Zusätzlich überwacht er die Qualität der Inputs und Outputs und die Performance des Prozesses mit KPI´s. Der Prozess-Manager hat eine essenzielle Rolle in Ihrer Prozessorganisation, denn er stellt sicher, dass die Prozesse im Tagesgeschäft ohne Probleme durchlaufen.

Process Organization

Für einen End-to-End Prozess, wie zum Beispiel Order-to-Cash, kann es für die einzelnen Prozesse mehrere Prozess-Manager geben, jedoch sollte es nur einen Prozess-Owner geben.

Prozessdesign

Die Prozessdesignphase widmet sich vollständig der Überarbeitung des identifizierten Prozesses. Da es unzählige Beiträge, Bücher, Management Guides etc. gibt, möchten wir uns nur auf eine Methode konzentrieren, die aus unserer Sicht am leichtesten adaptiert werden kann. Die 7FE Methode ist ein BPM Framework für BPM Projekte oder -Programme. Das Framework lässt sich runterbrechen in vier Phasen: Prepare, Generate, Validate und Future (Realize).

7FE Framework

In der Prepare-Phase werden im Rahmen von Workshops alle relevanten Informationen erhoben. Dazu gehört, wie die Redesign-Initiative mit der Unternehmensstrategie einhergeht, was das gemeinsame Ziel der Prozessoptimierung ist, welche Einschränkungen es gibt und wie die geplante Projektdauer ist.

In der Generate-Phase werden die Ideen gesammelt für die spätere Optimierung des Prozesses. Es empfiehlt sich hierbei eine neutrale Person den Workshop leiten zu lassen, da diese nicht an dem aktuellen Status Quo Prozess hängt. Die Teilnehmer des Workshops sollten ein tiefes Verständnis für den zu optimierenden Prozess haben. Idealerweise sollte das Ergebnis der Workshops eine oder mehrere optimierte Versionen des Prozesses sein. Diese gilt es dann auf ihre Umsetzbarkeit und ihre Nähe zu den Anforderungen zu untersuchen.

Das geschieht in der Validate-Phase. Es ist wichtig die einzelnen Prozessversionen zu testen, um zum Schluss nur die Beste auszurollen. Dabei sollte vorneweg geprüft werden, ob alle Anforderungen erfüllt wurden. Wenn das der Fall ist, sollten Sie sich Expertenmeinungen von Compliance, IT und gegebenenfalls von Ihren Wirtschaftsprüfern einholen und prüfen lassen, ob der Prozess in der Form umgesetzt werden kann. Wenn Sie sich für eine Prozessversion entschieden haben, können Sie ihn in Ihre Organisation ausrollen.

Die Realize Phase oder die Future-Phase, wie sie im 7FE Framework genannt wird, dreht sich um die Realisierung des erarbeiten Prozesses. Dazu sollten Sie ein Projekt aufsetzen, um strukturiert die Prozessanpassungen durchzuführen und den Change in Ihrer Organisation zu begleiten. Dabei ist es eine der wichtigsten Aufgaben, die Mitarbeiter, die von der Veränderung betroffen sind, mitzunehmen. Viele Optimierungsinitiativen scheitern an den Mitarbeitern, die verschlossen für Veränderung sind, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Daher empfehlen wir, dass Sie aktives Change Management für den Erfolg Ihrer BPM-Initiative betreiben. Auch hier ist es zu empfehlen, eine neutrale Person die Prozesseinführung durchführen zu lassen.

Die kontinuierliche Verbesserung

Wenn Sie Ihre Prozesse identifiziert haben, Optimierungspotentiale aufgedeckt und umgesetzt sind, kann Ihre kontinuierliche Verbesserung beginnen. Nach der Umsetzung Ihrer Optimierungspotentiale beginnt der Kreislauf erneut. Identifizieren Sie Schwachstellen in Ihren Prozessen, bringen Sie die richtigen Personen an einen Tisch, definieren Sie einen oder mehrere Sollprozesse und setzen Sie den besten um. Auslöser für die Optimierung eines Prozesses ist dabei immer die Identifizierung einer Schwachstelle.

Continuous Improvement